Wie können nicht-übertragbare Erkrankungen, insbesondere kardiovaskuläre, die mehr als 2 Millionen Personen in der Schweiz betreffen (BAG 2020) und unser Gesundheitsbudget gravierend belasten (80% der Gesundheitskosten) hinausgezögert oder besser noch vermieden werden? Durch Vorbeugung.
In der Tat sind zu hohe Werte von schlechtem Cholesterin genauso wie Bluthochdruck «stille» Krankheiten (ohne Symptome und deshalb oft erst spät entdeckt), die das Risiko zur Entwicklung von komplizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen massiv erhöhen und zu einem Schlaganfall führen können.
Cholesterin und Bluthochdruck sind wichtige Risikofaktoren für die Gesundheit, aber es sind auch Faktoren, die oftmals steuerbar sind (die WHO beispielsweise schätzt, dass eine Cholesterinsenkung von 10% bei einem 40-jährigen Mann zu einer 50% Reduktion von kardiovaskulären Erkrankungen in den folgenden 5 Jahren führen kann), und das in erster Linie durch Vorbeugung.
Aber welche?
Die Impfung? Sicherlich ist diese der beste Schutz gegen viele Infektionskrankheiten. Aber es gibt keine Impfung gegen zu viel Cholesterin oder gegen Nikotinsucht, was viele Infarkte verursacht.
Arzneimittel? Weder sehr hilfreich noch sehr effizient zum Vorbeugen von kardiovaskulären Ereignissen, wenn man nie krank war. Das heisst bei der Primärprävention: Wenn 100 Personen Statine einnehmen zum Cholesterin senken, vermeidet eine einzige einen kardiovaskulären Vorfall nach zweieinhalb Jahren Behandlung, ohne Wirkung auf die Sterblichkeit, gemäss einer kürzlich im November 2020 erschienenen Meta-Analyse im JAMA.
Nahrungsergänzungsmittel, die beispielsweise pflanzliche Polyphenole enthalten? Diese können mit einigen Vorteilen eingenommen werden, müssen aber unbedingt in Begleitung mit einer Lebensstilländerung einhergehen.
Was bieten wir also an, das von grundlegender Bedeutung ist?
Ein einfaches und aussagekräftiges Akronym ist SANTE. Dieses fasst in 5 Punkten (Sport, Alkohol, Nahrung, Tabak, Environment = Umwelt) simple Messungen zusammen, die validiert und nützlich für einen gesunden Lebensstil und zur Unterstützung der Immunabwehr sind, was zusätzlich kardiovaskuläre Risiken vermindert [1]
- • Sport treiben oder besser täglich körperlich aktiv sein, in dem jede Gelegenheit genutzt wird zum Laufen, Treppen steigen oder mit dem Velo unterwegs zu sein. 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche, aufgeteilt auf mindestens 10-Minuten am Stück, zeigen eindeutige Vorteile für die Gesundheit. [1]
- • Den Alkoholkonsum mässigen auf 1-2 Gläser Wein pro Tag. Gemäss aktuellen Studien sollte diese Schwelle sogar noch mehr gesenkt werden zur Verringerung der Gesundheitsrisiken (WHO).
- • Die Nahrung oder auf die Ernährung achten mit einem einfachen 3V-Prinzip: Eine Vielfalt an saisonalen und lokalen Nahrungsmitteln verzehren. Anständig essen durch Vermeidung von verarbeiteten Lebensmitteln. Vegetarische, das heisst pflanzliche, Lebensmittel konsumieren, insbesondere solche reich an Polyphenolen, und Einschränkung des Fleischkonsums. Und das zusammen mit viel Geselligkeit und gutem Gewissen. [2]
- • Tabak: Gar nicht rauchen oder damit aufhören. Bereits eine Zigarette pro Tag erhöht das Gesundheitsrisiko. Rauchen bedeutet eine um 10 Jahre verkürzte Lebenserwartung, fast 10’000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr in der Schweiz sowie Kosten in Milliardenhöhe. [1]
- • In einer gesunden Umwelt (Environment) zu leben, insbesondere mit regelmässigem Kontakt zur Natur, bietet auch körperliche Vorteile durch Regulierung des Immunsystems (weniger Allergien und Infektionen) sowie physiologisch durch Fernhalten von Stressquellen und Verbesserung der Lebensqualität. [3]
Durch Befolgen der Ratschläge für einen gesunden Lebensstil könnten 80% der kardiovaskulären Erkrankungen vermieden werden, laut WHO.
Also weshalb treten diese Erkrankungen immer noch so häufig auf? Wenn die Antwort so einfach wäre, würden sich alle an diese Empfehlungen halten. Dabei handelt es sich bei allen Punkten von SANTE um Gewohnheiten und Verhaltensweisen. Und es ist nicht einfach, fest verankerte Angewohnheiten zu ändern, die oft schon seit der Kindheit oder Jugend bestehen.
Nebst der Empfehlung der regelmässigen Messung des Bluthochdrucks sowie des Cholesterinspiegels ab dem 50. Lebensjahr bleibt ein weiterer individueller Ansatz: die Person als Ganzheitliches betrachten, Evaluierung ihrer Gesundheitsrisiken, sie mit Objektivität informieren und zu Änderungen motivieren, ihre Zweifel und Entscheidungen teilen und sie immer wohlwollend unterstützen.
[1]https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/gesundheitsfoerderung-und-praevention/praevention-nichtuebertragbare-krankheiten/ab-heute-vorbeugen.htm
[3] https://www.revmed.ch/RMS/2020/RMS-N-714-1/Contact-avec-la-nature